Ein Interview mit Dr. Helge Seifert, Arzt in Delmenhorst.
Herr Seifert, lassen sich Hautkrankheiten homöopathisch behandeln?
Ja. Die Haut ist das größte Organ des Menschen und steht durch vielfältige nervale Verknüpfungen mit den inneren Organen, dem zentralen Nervensystem und damit letztlich mit der Psyche in Verbindung. Sie ist hochreaktiv, was sich zum Beispiel bei akuten allergischen Reaktionen oder bei einer Neigung zu Hektikflecken oder Hitzewallungen ablesen lässt. Die Homöopathie als Regulationstherapie eignet sich sehr gut, um eventuelle Störungen oder Überempfindlichkeiten jeglicher Art dieses Organs zu beheben.
Wie unterscheiden sich eine schulmedizinische und eine homöopathische Hautbehandlung?
Bei der schulmedizinischen Behandlung werden in aller Regel Salben mit unterschiedlichen Wirkstoffen auf die Haut aufgetragen. Ekzeme werden mit Cortison, Herpesbläschen mit Aciclovir und bakterielle Hautausschläge zunächst mit antibiotischen Salben behandelt. Damit werden allerdings nur die äußeren sichtbaren Symptome, nicht aber die im Inneren vorhandenen Auslöser der Hauterscheinung behandelt. Bei der homöopathischen Behandlung wird die Hauterscheinung außen unbehelligt gelassen, da ein Verschwinden für die erfolgreiche Behandlung der eigentlichen inneren Störung steht und zur Verlaufskontrolle benötigt wird.
Wenn es während einer homöopathischen Behandlung plötzlich zu einem Hautausschlag kommt, was ist dann passiert?
Diese Frage führt uns tief hinein in die Heilungstheorie der Homöopathie und lässt sich nur schwer erklären. Es gibt in der Homöopathie eine Gesetzmäßigkeit des Heilungsverlaufs, die besagt: 1. Heilung von oben (Kopf) nach unten (Füßen) 2. Heilung von innen (Organe) nach außen (Haut), 3. Heilung in der umgekehrten Reihenfolge des Auftretens der Krankheitssymptome. So kam es bei einem Patienten zum Beispiel vor, dass eine schwere Lebererkrankung abheilte (an Laborwerten kontrolliert), sich aber gleichzeitig über drei oder vier Monate ein starker Hautausschlag in der Leberregion bildete, der schließlich auch heilte.
Lassen sich Hauterkrankungen auch selbst behandeln?
Chronische Hauterkrankungen sollten nicht selbst behandelt werden. Sie können letztlich selbst mit homöopathischen Arzneien genauso krankheitsunterdrückend Therapieren wie etwa mit Cortison. Die Krankheit würde sich dann einen neuen Erscheinungsort suchen, der häufig vielleicht nicht so lästig und unästhetisch wie eine Hauterkrankung ist, jedoch sehr viel bedrohlicher sein kann, da meist innere Organsysteme betroffen werden. Unter Umständen kann es durch ein homöopathisch falsch behandeltes Ekzem (Neurodermitis u. ä.) zu einem akuten Asthmaanfall kommen. Andererseits sollte nicht gezögert werden, eine akute Hautverletzung, wie einen Sonnenbrand oder eine Schürfwunde möglichst schnell selbstständig mit homöopathischen Mitteln zu behandeln. Dies ersetzt allerdings nicht den eventuell nötigen Besuch beim Hausarzt. Entsprechende Ratgeber gibt es beim DZVhÄ und im Handel zu kaufen.
Arzt und Patient brauchen bei der Behandlung von Hauterkrankungen sehr viel Geduld. Ist dies nicht schwierig, da der Leidensdruck sehr hoch ist und schnelle Hilfe gefragt ist?
Bei der konstitutionellen Therapie von chronischen Krankheiten bedarf es generell sehr viel Geduld, sowohl vom Patienten als auch vom Behandler. Die Homöopathie ist eine Regulationstherapie, bei der der Organismus zur Selbstheilung angeregt wird. Und ein effektiver und wirklich anhaltender Heilungsprozess braucht seine Zeit. Niemand sollte erwarten, dass ein fünf Jahre bestehender Hautausschlag nach zwei Wochen verschwunden sein kann, auch wenn es in einzelnen Fällen vorkommt.
…und bei akuten Erkrankungen?
Verletzungen und akute Krankheiten der Haut sprechen hingegen sehr schnell auf das richtig gewählte homöopathische Mittel an. Hier kann unter Umständen schon nach wenigen Minuten eine deutliche Linderung auftreten.
Wie sehen Sie als homöopathischer Arzt die Haut Ihrer Patienten, was kann sie Ihnen zeigen?
Die Haut eines Menschen kann, unabhängig davon ob sie erkrankt ist oder nicht, dem Arzt eine Fülle von objektiven Symptomen liefern. Der homöopathische Arzt kann diese Symptome noch viel weitgreifender verwerten als der schulmedizinische Kollege, da jedes Symptom für den Homöopathen ein weiteres Indiz für die zu wählende Arznei darstellt. Eine besondere charakteristische Hauterscheinung bei einem Patienten kann der alles entscheidende Hinweis sein, welche Arznei er zum Beispiel für seine Magenbeschwerden braucht.
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