Ein Interview mit Dr. Alexander Tournier, Mitbegründer und Direktor des Londoner Homeopathy Research Instituts (HRI) – In Paris aufgewachsen, war er nach dem Studium der Physik in Cambridge und Heidelberg u.a. zehn Jahre in der Krebsforschung in England tätig.

Herr Tournier, ist die Homöopathie eine gut erforschte Methode?

Alexander TournierIm Verhältnis zur konventionellen Medizin ist die Homöopathie-Forschung ein relativ kleines Gebiet. Was viele nicht wissen ist, dass es in den Datenbanken Hunderte von Studien, auch placebokontrollierte, oder fast 2.000 aus dem Gebiet der Grundlagenforschung gibt. Viele Studien sind aber älter und entsprechen nicht mehr dem heutigem Standard. Wir brauchen mehr Forschung und mehr Unterstützung – die müsste es eigentlich geben, da laut WHO die Homöopathie die zweithäufigste medizinische Methode der Welt ist.

Ist die Wirksamkeit der Homöopathie ausreichend belegt?

Wir haben genügend Beweise, die für die Homöopathie sprechen, um weitere Forschung zu rechtfertigen – in Wissenschaftskreisen bedeutet diese Aussage viel! Beispiel klinische Forschung: Die aktuelle Übersichtsarbeit von Dr. Robert Mathie zeigt deutlich bei placebo-kontrollierten Studien, dass die Homöopathie dem Scheinmedikament überlegen ist.

Warum ist Homöopathie aus Ihrer Sicht umstritten?

Die Homöopathie scheint im Widerspruch zu den grundlegenden Annahmen der Physik, Chemie und Biologie zu stehen. Wieso wirkt eine hochverdünnte Substanz, in der nach heutigen Möglichkeiten kein Molekül des Ausgangsstoffs nachweisbar ist? Es gibt noch zu viele offene Fragen, und solange wir keinen besseren Einblick in den Wirkmechanismus haben, wird die Homöopathie umstritten bleiben. Jedoch rechtfertigt dies nicht die gut organisierten Lobby-Gruppen, die die Homöopathie angreifen. Sie sind in vielen Ländern bis in die Leitmedien und die Politik vernetzt und verbreiten sehr geschickt Falschaussagen: Homöopathie sei nicht besser als Placebo, positive Studien gebe es keine oder weitere Forschung sei nicht nötig. Interessant ist, dass die Angriffe mit der Beliebtheit der Homöopathie auch stärker werden.

Warum ist es so schwer, eine allseits anerkannte Studie zur Homöopathie zu präsentieren?

Wir haben qualitativ hochwertige Forschung in der Homöopathie, nur leider viel zu wenig. Studien müssen von unabhängigen Sachverständigen wiederholt werden, möglichst nicht nur einmal. Forschung kostet sehr viel Geld, und es gibt im Grunde keine öffentliche Förderung. Die Forschungsförderung für die gesamte Komplementär- und Alternativmedizin (CAM) umfasst nur etwa 0,01 Prozent des gesamten medizinischen Forschungsbudgets in den EU-Ländern. Es fehlt aber auch an Wissenschaftlern, der Bereich ist derzeit zu umstritten, um die Karriere eines jungen Wissenschaftlers zu unterstützen.

Aber wie funktioniert Homöopathie? Welche Forschung kann das enträtseln?

Wir haben nur Hypothesen. Wir haben aber auch eine Reihe interessanter experimenteller Ergebnisse, die die Zahl der möglichen Theorien einschränken. Zum Beispiel deutet einiges darauf hin, dass elektromagnetische Effekte eine Rolle spielen. Auch versuchen wir gerade ein zuverlässiges, reproduzierbares System aufzubauen, das zeigt, dass sich homöopathische Verdünnungen von normalem Wasser unterscheiden. Andere Forscher testen die Wirkung von homöopathischen Mitteln auf das Verhalten von Mäusen. Andere untersuchen Biokristallisations- und Wassertropfenverdampfungsmethoden, und vieles mehr.

Wie reagieren andere Physiker, Wissenschaftler auf Sie?

Zum Glück bin ich promovierter Physiker und kann auf Augenhöhe mit den Kollegen diskutieren. Aber es ist ganz klar: die Homöopathie ist für die meisten Wissenschaftler indiskutabel – sei es aus Unwissenheit oder Angst. Wer über Homöopathie forscht, setzt seine Karriere aufs Spiel und die Rückkehr zur konventionellen Forschung ist quasi unmöglich.

 

Weitere Informationen: www.hri-research.org