Das Thema Impfen polarisiert, rigide Impfstrategien bis hin zur Forderung einer Impfpflicht prallen in der öffentlichen Diskussion auf Impfgegner, die Impfungen grundsätzlich in Frage stellen. Zwischen diesen beiden Positionen ist der Verein Ärzte für individuelle Impfentscheidung anzusiedeln, der Ende Februar gemeinsam mit dem Verband gesundheit aktiv einen Kongress zum Thema Impfen veranstaltet hat. Es ging den Organisatoren darum, „die Zwischentöne zu erkunden und danach zu fragen, ob und wie es möglich ist, der Freiheit und Würde des einzelnen Menschen gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund sollen die Chancen verschiedener Impfungen und Impfprogramme für die Prävention von infektiösen Erkrankungen dargestellt und diskutiert werden.“ Als Referenten geladen waren Experten aus Institutionen, Politik und Praxis.

Wird es eine Impfpflicht geben?

Zentrales Thema war aber die Impfpflicht. Das sagten die Experten:

Jan Matthias Hesse, Fachanwalt für Medizinrecht: Der Anwalt sieht viele rechtliche Probleme, die einer Impfpflicht entgegenstehen – in erster Linie das Grundgesetz. Die Grundrechte der „körperlichen Unversehrtheit“ und das „der elterlichen Sorge“ müssten für eine Impfpflicht geändert werden. Er sieht hier auch nicht den Staat in seiner Schutzpflicht für das Kind gefordert, da keine konkrete Gefahr für das Kind bestehe. Hesse kommt zu dem Fazit, dass eine Impfpflicht durch die Gesetzeslage nicht gerechtfertigt sei.

Dr. med. Wolfgang Schneider-Rathert, Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM): Eine Impfpflicht steht dem Grundverständnis der DEGAM entgegen. Der Allgemeinmediziner setzt sich für eine ergebnisoffene Impfberatung ein, denn es gehe um das Individuum und nicht um die Interessen dritter. Schneider-Rathert kritisierte auch, dass es kaum pharma-unabhängige Forschung in diesem Bereich gebe.

Professor Dr. med. Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO): Der Virologe macht klar, dass er gegen eine Impfpflicht ist und dass dies auch kein Thema bei der STIKO sei. Gleichwohl sieht der Virologe die Ärzte in der Pflicht, mit zu einer hohen Durchimpfungsrate beizutragen. Mertens kritisiert die Pharmafirmen, dass es kaum noch Einzelimpfstoffe gebe.

Dr. rer. nat. Patrick Guidato, Bezirksvorsitzender der Jungen Liberalen Ruhrgebiet: Der Biochemiker vertritt die Meinung, dass Kinder ein Recht auf Impfungen hätten, die FDP orientiere sich hier am Infektionsschutzgesetz. Die FDP hat sich 2017 für eine Impfpflicht für Kinder bis zum 14. Lebensjahr ausgesprochen. Guidato, er gehört auch zum Skeptiker-Netzwerk der GWUP, hält Sanktionen für Eltern für gerechtfertigt, die ihre Kinder nicht impfen lassen. Eine Impfpflicht vergleicht Guidato mit der Schul- oder Gurtpflicht.

Weitere Informationen über den Impf-Kongress: https://www.individuelle-impfentscheidung.de/index.php/der-kongress-2018

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