Interview mit Sabine Breuer. Sie ist verheiratet, hat eine erwachsene Tochter und von Beruf ist sie Apothekerin.

Aus welchem Grund haben Sie sich der Homöopathie zugewendet?

Vor einigen Jahren, da war meine Tochter noch sehr klein, hatte ich das Pfeiffersche Drüsenfieber. Es ging mir sehr schlecht, ich habe mich extrem schwach gefühlt und war ständig stark erkältet. Kaum war eine Infektion überstanden, kam die nächste. Es waren bestimmt zehn Infektionen über den Winter. Meist mit Fieber und eitrigen Mandelentzündungen, einmal hatte ich eine Kehlkopfentzündung und überhaupt keine Stimme mehr, einmal sogar eine Lungenentzündung. Mehrmals wurden die Infekte mit Antibiotika behandelt, weil sie einfach kein Ende nehmen wollten und sich offensichtlich eine bakterielle Infektion auf die virale „gesetzt“ hatte. Ich war nicht mehr ich selbst, mir war ständig kalt, was ich sonst gar nicht von mir kenne. Dank meines Internisten, der heute auch mein Hausarzt ist, stand schnell fest, dass ich mir das Eppstein-Barr-Virus eingefangen hatte und am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt war. Mein Immunsystem war am Boden und für jedes Erkältungsvirus oder Bakterium war ich eine leichte Beute.

Der Internist sagte mir das, was ich als Apothekerin natürlich auch wusste: Gegen Eppstein-Barr-Viren kann man nicht viel machen, da gibt es keine spezifische Therapie. Also stärkte ich mein Immunsystem, versuchte viel zu schlafen und besonders gesund und ausgewogen zu essen. Als dann der Frühling kam, waren die ständigen Infekte tatsächlich vorbei. Ich fühlte mich aber immer noch extrem schlapp und mir war ständig kalt. Der Internist untersuchte nochmal mein Blut und stellte fest, dass die akute Phase nun vorüber war. Die Schlappheit, eine postvirale Fatigue (wie man sie heute übrigens bei vielen Genesenen auch nach einer überstandenen COVID-19-Infektion sieht), sei keine Seltenheit und dauere bis zu fünf Jahren, meinte er. Die Schulmedizin stoße hier an ihre Grenzen. Er gab mir aber den Tipp, es mit alternativen Heilmethoden zu probieren, von denen er selbst leider nichts verstünde.

Und dann kamen eine Heilpraktikerin und die Homöopathie

Genau. Von einer Kollegin bekam ich die Kontaktdaten einer Heilpraktikerin, mit der sie auch schon gute Erfahrungen gemacht hatte. Ich war sehr skeptisch, war ich doch im Pharmaziestudium klassisch schulmedizinisch ausgebildet worden. (Originalton eines unserer Professoren: Homöopathie lehren wir nicht, denn daran glauben wir nicht!) Da ich aber keinen anderen Weg sah und bestimmt nicht fünf Jahre warten wollte, bis ich mich wieder gesund fühle, ließ ich mich einfach mal auf die Heilpraktikerin ein. Wir führten ein mindestens einstündiges Anamnese-Gespräch, bei dem ich mich sehr wohlfühlte. Danach schickte sie mich nach Hause, ging in sich und zwei Tage später kam mit der Post ein homöopathisches Mittel. Dazu die Anweisung, es in ein Glas Wasser zu geben, etwa zehnmal umzurühren und nur einen Schluck davon zu trinken. Bloß nicht mehr! Ich hatte ja beschlossen, mich einfach darauf einzulassen, also gut!

…was geschah nach der Einnahme?

Erst einmal geschah gar nichts. Nach ein paar Tagen ging es los und ich schwöre, es war genauso, wie ich es hier beschreibe! Zuerst hatte ich ständig einen ekelhaft bitteren Geschmack im Mund, so als würde mir Gift aus den Speicheldrüsen laufen. Ich musste ständig trinken, um den Geschmack loszuwerden. Und dann kam immer für einen Tag eines der Symptome wieder hoch, die ich zuvor mit den Antibiotika abgewürgt hatte. Einen Tag lang hatte ich furchtbare Halsschmerzen, dann war wieder ein paar Tage Ruhe und nur der bittere Geschmack blieb. An einem anderen Tag hatte ich hohes Fieber, dann mal geschwollene Mandeln und auch mal einen Tag keine Stimme mehr oder einen nervigen Husten oder Atemnot. Alles immer nur einen Tag lang und dazwischen der bittere Geschmack. Es hat mir erstaunlicherweise keine Angst gemacht, ich hatte das Gefühl, dass das alles so richtig sei. Das Ganze ging über zwei bis drei Wochen. Dann hatte ich alle Symptome „abgearbeitet“, so kam es mir jedenfalls vor und der Geschmack verschwand. Meine innere Wärme kehrte zurück und auch die Schlappheit war weg. Ich war wieder ich selbst, ein aktiver und positiv gestimmter Mensch.

Haben Sie nach diesem positiven Erlebnis noch weitere Erfahrungen mit Homöopathie gemacht?

Ich beschloss kurz danach, auch meinen Heuschnupfen, den ich seit meinem dritten Lebensjahr habe, von dieser Heilpraktikerin behandeln zu lassen. Mit Antihistaminika konnte ich zwar ganz gut leben, aber es war allemal einen Versuch wert. Dieses Mal dauerte es etwas länger und es waren ein paar mehr Mittel nötig, aber in der nächsten Heuschnupfen-Saison, die bei mir immer Ende Mai mit den Gräsern anfängt, spürte ich, wie der Heuschnupfen „beginnen wollte“, dann aber am nächsten Tag weg war. Natürlich ist er nicht weg, die Veranlagung dazu habe ich nach wie vor, aber er bricht nicht mehr aus. Jahrelang hatte ich Ruhe und konnte problemlos, ohne die geringsten Symptome, durch blühende Wiesen gehen. Die Heilpraktikerin prophezeite mir, dass der Heuschnupfen irgendwann wiederkommt und wir uns dann wiedersehen. So war es auch einige Jahre später. Es war Ende Mai und ich hatte wieder tränende, juckende Augen und eine laufende Nase. Also ging ich wieder zu ihr, sie gab mir erneut ein homöopathisches Mittel und wenige Tage später war der Heuschnupfen vergessen. Der Hammer! Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, würde ich es wahrscheinlich auch nicht glauben. Und es kommt noch besser: Letztes Jahr Ende Mai war der Heuschnupfen wieder da. Ich ging zu meiner Heilpraktikerin und sie stellte fest, dass es da offensichtlich ein Muster gibt. Wie auch beim letzten Mal kam der Heuschnupfen sieben Jahre nach der letzten Behandlung. Mit der Einnahme eines Mittels war er wieder weg und ich hoffe nun, dass die Heilpraktikerin in sieben Jahren noch praktiziert. Denn sie sagte mir, es sei diesmal ein anderes Mittel nötig gewesen.

Wie haben diese Erfahrungen Ihre Sicht verändert?

Ich war echt überrascht, welche Wirkungen man mit homöopathischen Mitteln erzielen kann. Meine Sicht auf die Homöopathie hat sich seitdem komplett verändert. Vorher war ich skeptisch, weil ich sie nicht kannte, jetzt weiß ich, dass es abseits der Schulmedizin noch andere Therapieoptionen gibt, die ihre Berechtigung haben.

War das für Sie als Apothekerin ein erstaunlicher Schritt?

Viele Apotheker*innen und PTA kennen sich gut mit Homöopathie oder auch mit Schüßler-Salzen aus, weil sie Fort- und Weiterbildungen dazu besucht haben. Manche Apotheken haben dies sogar zu einem Schwerpunkt gemacht. Daher ist es kein ungewöhnlicher Schritt für mich als Apothekerin, es in einer nicht akzeptablen Situation einfach mal mit Homöopathie zu versuchen. Es war schließlich auch eine Apothekerin, die mir diese Heilpraktikerin empfohlen hat. Mein persönliches Umfeld ist offen und aufgeschlossen, drum erzähle ich meine Geschichte gerne und ecke damit auch nicht an. Auch mein Internist war beeindruckt, aber keinesfalls ablehnend. Er hat ja gesehen, wie schnell es mir wieder gut ging.

Wie nehmen Sie die öffentliche Diskussion über Homöopathie wahr?

Die regelrechte Hetzjagd gegen alternative Heilmethoden, insbesondere gegen die Homöopathie, finde ich unerträglich und auch ein bisschen beschämend, weil da so viel Unwissen dahintersteckt. Und wenn jemand keine Ahnung hat und die Klappe aufreißt, schäme ich mich immer ein bisschen. Ich denke mir: Wer mit Homöopathie nichts anfangen kann, soll für sich eine andere Lösung suchen. Oder es einfach mal ernsthaft ausprobieren anstatt pauschal alles abzulehnen. Wenn man etwas nicht versteht, bedeutet das nicht, dass es nicht funktioniert.

Die ewigen Argumente, dass es keine Studien gibt, kann ich so nicht bestätigen. Es gibt durchaus welche, aber sie sind natürlich anders als für allopathische, also schulmedizinische Arzneimittel. Die Kunst des Therapeuten ist ja gerade, das richtige Mittel für eine bestimmte Person in einer bestimmten Lebenssituation zu finden. Das ändert sich, wie man bei mir sieht. Und es ist eine hohe Kunst, die nicht jeder beherrscht. Natürlich gibt es auch schlechte Therapeuten und Patienten, die schlecht beraten wurden. Aber gibt es das nicht in allen Bereichen, auch bei Ärzten? Also lasst uns doch bitte unsere Therapiefreiheit!