Berlin, 29. Oktober 2024. Das Frankfurter Senckenberg Museum zeigt die – an sich sehr gute – Dauerausstellung ‚Natur & Medizin‘. In einer Vitrine mit dem Titel ‚Falsche Medizin?!‘ wird jedoch die Homöopathie eingeordnet. Ausgestellt werden hier neben aussterbenden Tierarten homöopathische Arzneimittel aus Gänseblümchen, Brennnessel oder Kuhschnelle. Der BPH hat nachgefragt, welche wissenschaftliche Begründung hierfür vorliegt – eine Antwort kam nicht.

Das Senckenberg Museum verharrt auf dem Standpunkt, dass „in wissenschaftlichen Studien oder kontrollierten klinischen Studien, abgesehen vom Placebo-Effekt, keinerlei therapeutische Wirkungen beim Einsatz von homöopathischen Mitteln nachweisbar sind.“ Auf welche Studien sich das Museum dabei bezieht oder in welchem Kontext zu bedrohten Tierarten das als homöopathische Arznei verarbeitete Gänseblümchen steht, erklärt das Museum weder seinen Besucherinnen und Besuchern noch dem nachfragenden Bundesverband Patienten für Homöopathie (BPH). Das Senckenberg Museum hat den Anspruch ein Forschungsmuseum zu sein und entsprechend „Themen basierend auf überprüfbaren wissenschaftlichen Grundlagen und evidenzbasiertem Wissen zu vermitteln.“ Der wissenschaftliche Beirat des BPH hat sich an das Museum gewandt, um eben diesen Standard einzufordern. Der Beirat besteht aus:

  • Prof.’in Dr. med. Dr. rer. nat. Diana Steinmann, Leiterin des Klaus-Bahlsen-Zentrums für Integrative Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover
  • Dr. rer. nat. Alexander Tournier, Universität Bern und Vorstand des Homeopathy Research Instituts (HRI), London
  • Dr. med. Mirko Berger, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Anästhesie, Hamburg.

BPH-Wissenschaftsbeirat schreibt an das Senckenberg Museum

Ihre Aussage zum Forschungsstand der Homöopathie ist nicht richtig und wird auch nicht von Ihnen belegt. Es gibt keinen wissenschaftlichen Konsens für die Annahme, dass homöopathische Arzneimittel nicht über den Placeboeffekt hinaus wirksam sind. Ihre undifferenzierte Behauptung findet weniger in der akademischen Literatur, sondern überwiegend in öffentlichen Medien, Blogbeiträgen oder im Internet ihren Niederschlag. Daraus einen wissenschaftlichen Konsens abzuleiten ist falsch. Wenn tatsächlich der Wissenschaftsgemeinschaft zugehörige Personen sich in Unkenntnis der Datenlage und ohne wissenschaftliche Fakten zu benennen kritisch äußern, lässt sich auch daraus kein wissenschaftlicher Konsens konstruieren.

Der aktuelle Forschungsstand zur Homöopathie bestätigt, dass Homöopathie eine größere Wirksamkeit als Placebo hat. Die Universität Bern schreibt:

„Fasst man den aktuellen Stand der präklinischen und klinischen Forschung zusammen, kann man schlussfolgern, dass homöopathische Präparate spezifische Wirkungen zeigen, die sich von Placebo unterscheiden, wenn sie adäquat eingesetzt werden…“ (1)

Homöopathie in medizinischer S3-Leitlinie. Leitlinien beschreiben den aktuellen Erkenntnisstand über Erkrankungen und ihre Behandlung. Sie werden von wissenschaftlichen Expertengremien entwickelt und von der ‚Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften‘ (AWMF) veröffentlicht. Leitlinien beschreiben – insbesondere sog. S3-Leitlinien – den aktuellen Wissensstand auf dem qualitativ höchsten Evidenzlevel.

Auf der Grundlage von Studienergebnissen wurde 2021 die zusätzliche homöopathische Behandlung als Behandlungsoption in die ärztliche S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patienten“ (2) aufgenommen.

Diese Empfehlung wurde 2024 aktualisiert und bestätigt. Angesichts Ihrer oben aufgestellten Behauptung stellt sich die Frage, ob Sie ernsthaft zum Ausdruck bringen möchten, dass das hochrangige Expertengremium, welches für die genannte Leitlinien verantwortlich ist, mit Ihrer Empfehlung für die Homöopathie außerhalb der Wissenschaft steht.

Eine aktuelles Systematisches Review (3) aus dem Jahr 2023 zeigt, dass die homöopathische Behandlung statistisch signifikant bessere Ergebnisse als eine Placebobehandlung aufweist, auch in Studien mit hoher methodischer Qualität. Die Arbeit wurde in der renommierten Fachzeitschrift ‚Systematic Reviews‘ publiziert.

Von den Gutachtern wurde die methodische Qualität hervorgehoben: „The author’s research is rigorous and has strong data analysis skills“ und „This is an extremely detailed and well written systematic review of meta-analyses of trials in homeopathy“. Der Chefredakteur der Zeitschrift hat nach dieser Publikation den Erstautor eingeladen, dem Redaktionsbeirat beizutreten. Erneut stellt sich die Frage, auf welche Quelle können Sie sich berufen um den Autor, der eine Vielzahl von wissenschaftlichen Beiträgen in hochrangigen Fachzeitschriften veröffentlicht hat, sowie die renommierte Zeitschrift Systematic Reviews als außerhalb der etablierten Wissenschaftsgemeinschaft stehend zu bezeichnen?

Diese Fragen bleiben vom Senckenberg Museum unbeantwortet

In Ihrer Ausstellung „Natur & Medizin“ stellen Sie die Homöopathie als ‚Falsche Medizin?!‘ dar und begründen diese Aussage nicht wissenschaftlich.

  • Welche, nach etablierten Standards der Evidenzbasierten Medizin angefertigte Quellen, liegen Ihrer Bewertung der Homöopathie zu Grunde?
  • Welche Gründe rechtfertigen es, dass die Ergebnisse des o.g. Systemischen Reviews ignoriert werden?
  • Auf der Grundlage welcher Daten kommen Sie hinsichtlich der o.g. ärztlichen S3-Leitlinie zu einer abweichenden Beurteilung als das federführende wissenschaftliche Expertengremium?
  • Die Kritik an der Wissenschaftlichkeit der Homöopathie und ihren Studienergebnissen muss zweifellos ihrerseits wissenschaftlich begründet sein. Dies erwartet die Öffentlichkeit gerade von einem Forschungsmuseum. Auf welche wissenschaftlich tragfähigen Quellen stützt sich Ihre Kritik an der Homöopathie?

Unsere Quellen:

1 https://www.ikim.unibe.ch/forschung/uebersichten_zum_stand_der_forschung/homoeopathie/index_ger.html

2 Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF: Leitlinienprogramm Onkologie. Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen, Langversion 1.1, 2021, AWMF-Registernummer: 032/055OL

3 Hamre et al: Wie valide sind die Aussagen des Systematic Reviews zur Homöopathie? Eine Replik. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Wie-valide-sind-die-Aussagen-des-Systematic-Reviews-zur-Homoeopathie-Eine-Replik-450013.html?bPrint=true

BPH-Fazit: Die Homöopathie muss aus der Ausstellung ‚Natur und Medizin‘ des Senckenberg Museums herausgenommen werden, da die Aussage zum Forschungsstand der Homöopathie nicht richtig ist und nicht belegt wird.

Weitere Informationen zur Homöopathie Forschung

https://www.hri-research.org/de/informationsquellen/wichtiges-forschungsmaterial/

https://www.faktencheck-homöopathie.de/

Informationen zur Homöopathie

In der Rubrik „Behandlung“ der BPH-Webseite finden Sie viele weitere Informationen über die Selbstmedikation und die Beschreibungen von Arzneimitteln und Erkrankungen. Hier wird auch beschrieben, wie eine professionelle homöopathische Behandlung funktioniert.

  • Informationen zur Selbstbehandlung mit Homöopathie, Arzneimittelbildern und Erkrankungen erhalten Sie hier.
  • BPH-Broschüre Homöopathie to go können Sie durchblättern und online für 5,50 Euro bestellen.
  • Aktuelle Informationen zur Homöopathie Forschung.
  • Informationen zu homöopathischen Arzneimitteln beim BfARM
  • Gesetzliche Krankenkassen und private Zusatzversicherungen, Informationen gibt es hier.

BPH-Broschüre Homöopathie to go / Teil II: Homöopathie im Herbst