Mediziner schlagen Alarm: Rund 900.000 Patienten infizieren sich pro Jahr in deutschen Krankenhäusern mit gefährlichen Krankheitserregern, etwa 30.000 Menschen sterben alljährlich an diesen Klinikkeimen.

Das behauptet die Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH). Dabei sind Infektionen in Pflegeheimen und im ambulanten Sektor bei dieser Schätzung noch gar nicht berücksichtigt worden. Es wäre zu kurz gegriffen, für diese dramatische Situation allein die Kliniken verantwortlich zu machen: Zentrales Problem bei den sogenannten Krankenhausinfektionen sind die Antibiotikaresistenzen, die durch einen jahrzehntelangen, inflationären Umgang mit Antibiotika in der Human- und Tiermedizin beschleunigt wurden. Laut Bundesärztekammer (BÄK) werden 83 Prozent der Antibiotika von niedergelassenen Ärzten verordnet. Schulungen sollten laut BÄK die Ärzte für die Gabe von Antibiotika sensibilisieren.

„Antibiotisches Armageddon“?

Deutliche Kritik kommt auch von der Europäischen Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten (ESCMID). Eine Organisation, die Risikobewertungen, Wissensaustausch und die besten Verfahren im Kampf gegen infektiöse Krankheiten erforscht. Aktuell warnt die ESCMID davor, „dass Deutschland und ganz Europa bis zum Jahr 2025 mehr als einer Million Todesfälle in einem drohenden ‚antibiotischem Armageddon‘ gegenüberstehen“, wenn nicht mehr dafür getan werde, dass neue Heilverfahren, schnelle Diagnosen und vorbeugende Maßnahmen entwickelt werden, um die Verbreitung arzneimittelresistenter Krankheiten zu bekämpfen.

Nationale und internationale Agenda

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat bereits vor einem Rückfall in ein Vor-Penicillin-Zeitalter gewarnt. „Die weltweite Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen muss gestoppt werden“, sagte Gröhe am 13. Mai 2015. Anlass war der Beschluss des Bundeskabinetts über die von Gröhe erarbeiteten Richtlinien zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen. Neben besseren Hygienebedingungen forderte Gröhe konkret, „den Anstieg des Einsatzes von Breitbandantibiotika zu stoppen“. Darüber hinaus kündigte Gröhe an, das Thema auf die Agenden internationaler Organisationen zu setzen. Beispielsweise auf die Agenda der G 7, dem Treffen der führenden Industrienationen, oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Die weltweite Relevanz des Themas zeigten dann die langen Debatten der WHO am vergangenen Pfingstmontag, nach denen der erste „globale Aktionsplan für den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen“ auf den Weg gebracht wurde. Eine entsprechende Resolution wurde vom zuständigen Komitee der gegenwärtig in Genf tagenden Weltgesundheitsversammlung verabschiedet – dem höchsten Beschlussorgan der WHO. Die Resolution fordert beispielsweise bessere Hygienebedingungen in Krankenhäusern, eine bessere Ausbildung von Medizinern und Landwirten, die die Gefahr von Resistenzen ausreichend berücksichtigt, und mehr Investitionen durch die Pharmaindustrie in die Entwicklung neuer Antibiotika. Die WHO attestierte der Pharmaindustrie ein „gravierendes Marktversagen“, das die 194 WHO-Mitgliedsstaaten aufgefordert sind, zu korrigieren. Möglichkeiten bieten dazu laut WHO „öffentlich-private Partnerschaften zur Forschungsförderung sowie zur Entwicklung alternativer Therapiemethoden und einer besseren Diagnostik“.

Alternative Heilmethoden sind gefragt

„Infektiologen und homöopathische Ärzte weisen seit Jahrzehnten auf die hohen Risiken hin, die mit der massenhaften und medizinisch oft unbegründeten Verordnung von Antibiotika verbunden sind“, kommentierte Cornelia Bajic, 1. Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), die aktuellen Entwicklungen. Die Homöopathie sei eine Heilmethode, die dazu geeignet sei, Antibiotika in der ärztlichen Praxis einzusparen. „Homöopathische Ärzte schätzen die Errungenschaften der modernen Medizin sehr. Insbesondere auch die Antibiotika“, erklärte Bajic. Das sei ein Grund dafür, weshalb sie diese nur unter großer Sorgfalt einsetzten. Prinzipiell könne jeder Patient dazu beitragen, die Situation in Bezug auf Antibiotikaresistenzen nicht zu verschlimmern, indem er sich an einen homöopathischen Arzt wende.

Foto: Wikimedia