Berlin, 23. Januar 2023. Der Schweizer „Tagesanzeiger“ berichtet von einer Patientin, die einen zunächst unklaren, juckenden Hautausschlag entwickelt hat und sich bei gleichzeitig etwas erhöhter Körpertemperatur krank und schwach fühlte. Hautärzte konnten ihr nicht helfen, der Ausschlag breitete sich auf mehrere Körperstellen aus. Der Hausarzt vermutete einen bösartigen Tumor. Die Allergie-Diagnostik an einer Universitätsklinik ergab, dass sie auf Gold allergisch sei, was sie schon längst wusste. Auf Nachfrage der Ärzte hatte sie zunächst eine Medikamenteneinnahme verneint, später aber kam heraus, dass sie sich selbst Tropfen „zur Herzstärkung“ besorgt und regelmäßig eingenommen hatte. Diese Tropfen enthielten u.a. (jeweils in D6-Potenz) Campher, Digitalis, Ignatia und … ein Goldsalz (Goldchlorid). In einer niedrigen Potenz (D6) sind durchaus Moleküle der Inhaltssubstanzen enthalten. Bei regelmäßiger Einnahme relevanter Mengen, in diesem Fall von Gold, führte dies zu den bekannte Allergie-Symptomen.

Allergien auf Gold sind selten

Nun ist eine Allergie auf Gold eher selten, deutlich seltener als eine Allergie auf Nickel, Chrom, Kobalt oder Kupfer. Deshalb tritt sie auch um so seltener auf, je hochkarätiger das Gold ist. Umso häufiger aber, wenn es sich z.B. um Schmuck handelt, der aus Legierungen mit anderen Metallen besteht („Modeschmuck“). Darüber hinaus ist die Frage, ob ein Medikament aus homöopathischer Sicht sinnvoll ist, wenn diese Mischung auch noch wie im geschilderten Fall Campher enthält. Campher gilt als ein wichtiges Antidot!

Homöopathisch qualifizierte Ärzt:innen und Heilpraktiker kennen grundsätzlich das Phänomen, dass Patienten unter Einnahme homöopathischer Arzneien unfreiwillige Arzneimittelprüfungen durchführen. Also unter einer Arznei, auf die sie besonders „empfindlich“ sind, Symptome dieser Arznei entwickeln können. Weil im genannten Beispiel Goldchlorid enthalten war, aber gleichzeitig eine Allergie auf Gold bekannt war, kann man davon ausgehen, dass das Beenden der Einnahme auch zum Abklingen der bekannten allergischen Reaktion geführt hatte. Die „Therapie“ des juckenden Hautausschlages war also das Weglassen der Tropfen.

Eine unfreiwillige Arzneimittelprüfung

Ein anderes Beispiel aus meiner langjährigen Praxis zeigt ein ähnliches, aber ursächlich völlig anderes Phänomen. Eine Patientin nahm gegen ihre Zyklusbeschwerden ein Medikament, das Mönchspfeffer sowie ein paar andere pflanzliche Homöopathika in niederen Potenzen – auch Ignatia in D6-Potenz – enthielt. Nach anfänglicher Besserung ihrer Beschwerden entwickelte sie eine zunehmende depressive Symptomatik. Sie kam deshalb in meine Praxis, die Anamnese ergab deutliche Hinweise auf das Arzneimittelbild Ignatia. Sie erzählte, dass ihr die Frauenärztin ein „natürliches“ Präparat gegen ihre Beschwerden verschrieben habe, was auch sehr gut wirke. Nun, der Mönchspfeffer hatte ihr gute Dienste erwiesen, aber auf das Ignatia hatte sie „empfindlich“ reagiert und sich unfreiwillig einer homöopathischen Arzneimittelprüfung unterzogen. Sie hatte unter regelmäßiger Einnahme eine „Depression“ entwickelt, die gar nicht die ihre war, sondern den „natürlichen“ Tropfen bzw. in diesem Fall dem Ignatia geschuldet war. Die „Therapie“ der Depression bestand also im Absetzen des Präparates und Ersatz durch ein anderes Medikament, das nur den Mönchspfeffer enthielt.

Homöopathische Arzneien können unerwünschte Reaktionen auslösen

Ärztinnen und Ärzte, aber auch Heilpraktiker können auf Grund ihrer Ausbildung derartige Zusammenhänge und unerwünschten „Reaktionen“ erkennen und zuordnen. Allergische Reaktionen führen typischerweise zu ähnlichen Erscheinungen, also z.B. zu Ekzemen, unabhängig davon, wie das ursächliche Allergen heißt. Homöopathische Arzneien führen bei besonderer Empfindlichkeit oder Überdosierung zu meist sehr individuellen Beschwerden, deren Symptomen-Mosaik dem zu Grunde liegenden Arzneimittelbild der Arznei entspricht.

Dieses Phänomen könnte – eine gewisse Unvoreingenommenheit der Homöopathie gegenüber vorausgesetzt – dazu führen, der Homöopathie nicht nur einen Placebo-Effekt, sondern auch einen – vom Patienten meist völlig unerwarteten! – Nocebo-Effekt zuzusprechen. Patienten reagieren dann typischerweise mit Symptomen, die sie sich nicht einfach oder zufällig „aussuchen“, sondern mit Symptomen aus dem Mosaik der Arznei. Die allermeisten Patient:innen können das nicht wissen, wenn sie sich nicht intensiv mit der homöopathischen Arzneimittellehre beschäftigt haben.

Die Einschätzung der Wirksamkeit „homöopathischer Mittelchen“ setzt also weit mehr differenzierte Kenntnis und Praxiserfahrung voraus, als es die Leugner der Homöopathie mit ihren rein theoretischen und ideologischen Überlegungen haben. Daher: fragen sie nicht die Pseudoexperten! Fragen Sie Ihren Arzt oder (homöopathisch qualifizierten) Apotheker!

Weitere Informationen zur Homöopathie

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Ulf RikerAutor: Dr. med. Ulf Riker, München