Dr. med. Jürgen Moritz ist Autor des Buches „Gesundheitsförderung. Prävention und Homöopathie“ und führt seit 1995 eine privatärztliche Praxis für Homöopathie und Akupunktur in Brühl/Rheinland.

Dr Jürgen MoritzHerr Moritz, was hat Sie veranlasst, sich mit dem Thema der Vorbeugung von Krankheiten auseinander zu setzen?

Vor mehr als 20 Jahren habe ich im Rahmen meiner internistischen Weiterbildung auf einer kardiologischen Abteilung gearbeitet. Trotz guter medikamentöser Behandlung kamen viele Patienten innerhalb dieser Jahre immer wieder zur stationären Aufnahme – oft mit erneuten Beschwerden oder verschlimmertem Befund. Damals erschienen in den Fachzeitschriften Arbeiten von Dr. Dean Ornish, einem amerikanischen Herzspezialisten, der Patienten mit Herzkranzgefäß-Erkrankungen in einem nicht-operativen Behandlungsansatz mit einer speziellen Diät, vorsichtiger Bewegung und Entspannungsübungen versorgte. Er beschrieb, dass eine Veränderung der Lebensgewohnheiten zu einer Besserung der Gefäßveränderungen am Herzen führen konnte. Vertieft hat sich diese Sichtweise durch meine Beschäftigung mit der chinesischen Medizin, die der „Lebenspflege“ stets eine hohen Rang eingeräumt hat. Denn unzweifelhaft ist diejenige Erkrankung die beste, welche man erst gar nicht bekommt.

Welche Lebensbereiche sind bei der Prävention von Krankheiten die wichtigsten?

Der Ratgeber zur gesundheitlichen Prävention des Bundesministeriums für Gesundheit hat 2012 ausgeführt: „Prävention soll helfen, Krankheiten und deren Folgen zu vermeiden, denn die meisten Krankheiten sind nicht angeboren, sondern im Laufe des Lebens erworben. Jeder hat die Chance, Erkrankungen vorzubeugen. Vor allem durch Bewegung, richtige Ernährung und ausreichend Erholung.“ Wir sehen also, dass hier im wesentlichen dieselben Punkte angesprochen werden wie bei Dr. Ornish. Wichtig ist zudem, die Prävention als Konzept der aktiven Verhinderung von Krankheiten vom Konzept der Früherkennung, welche als diagnostische Maßnahme feststellt, ob eine Krankheit vorliegt, zu unterscheiden.

Der Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, hat sich bereits vor rund 200 Jahren mit Prävention auseinandergesetzt. Was sind seine zentralen Thesen?

Samuel Hahnemann hat bereits damals vermutet, dass es zur Entstehung von Krankheiten einer Vorschädigung des Organismus bedürfe. Im Paragrafen 4 seines Grundlagenwerkes, des „Organon der Heilkunst“ hat er bereits die Gesunderhaltung des Menschen durch Entfernung der die Gesundheit störenden Dinge angeraten. Wir wissen, dass er seinen Patienten zahlreiche Empfehlungen zu einer gesunden Lebensführung gegeben hat und auch den Einfluss   der Psyche auf die Gesundheit beschrieben hat, lange bevor der Begriff „Stress“ entwickelt wurde. Sein Schüler Georg Heinrich Gottlieb Jahr hat bereits bedauert, dass man diese Empfehlungen später oft vernachlässigt habe. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass es noch keinerlei Beschreibung von beispielsweise Vitaminen zu Hahnemanns Zeit gab. Um so bemerkenswerter ist seine Beobachtungsgabe. Die Beschreibungen des Ernährungsforschers Professor Werner Kollath zur Fehlernährung stimmen recht genau mit Hahnemanns Ausführungen zu den Symptomen der Vorschädigung, welche zur Krankheit führt, überein. Daher halte ich es für wahrscheinlich, dass Hahnemann hier bereits die Folgen einer Fehlernährung und eines ungesunden Lebensstils beschrieb, lange bevor die naturwissenschaftlichen Grundlagen dafür gelegt waren. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass es noch keinerlei Beschreibung von Vitaminen etc. zu Hahnemanns Zeit gab. Um so bemerkenswerter ist seine Beobachtungsgabe.

Ist eine dauerhafte homöopathische Behandlung an sich schon Prävention?

Hahnemann hat bereits in seinem „Organon“ darauf hingewiesen, dass eine fehlende Besserung auf eine bestens gewählte homöopathische Arznei zur Überprüfung der Lebensumstände des Kranken führen sollte, um dauerhafte Heilung zu erreichen. Eine homöopathische Behandlung ist ja gerade nicht als Dauerbehandlung angelegt. Bleibt also eine Besserung aus, sollten sowohl die Lebensumstände als auch die Wahl des Arzneimittels überprüft werden – und natürlich die Vollständigkeit der konventionellen Diagnostik.

Wenn aber die Krankheitsgrundlage, die „Psora“ im wesentlichen der Ernährung und Lebensführung entspricht, wie ich in meinem Buch glaube gezeigt zu haben, dann ist natürlich neben der arzneilichen Behandlung eine Beratung zur Lebensführung essentiell – und sollte meines Erachtens auch Einzug in die Ausbildung zum Homöopathen halten.

Erfahrungsgemäß gibt es immer einen Graben zwischen Theorie und Praxis. Wie gut und mit welchen Mitteln gelingt es Ihnen, Krankheiten vorzubeugen?

Es ist rein methodisch unmöglich zu beweisen, dass ein konkreter Patient wegen bestimmter Maßnahmen nicht krank geworden ist. Hier helfen allerdings statistische Untersuchungen, weiche eindeutige Hinweise auf den Vorteil bestimmter Lebensstile geben können. Beispielsweise die „China-Study“ von Prof. Campbell, die den traditionellchinesischen Lebensstil mit dem US-amerikanischen verglich. Solche Studien zeigen, dass der Einfluss des Lebensstils auf die Gesundheit viel größer sein dürfte, als es die meisten Menschen für möglich halten.

Dies hatte ja bereits der eingangs erwähnte Dr. Ornish oder Dr. Esselstyn für Patienten mit Herzkranzgefäß-Erkrankungen gezeigt. Daher war es mir ein Anliegen, die früheren Empfehlungen Samuel Hahnemanns um die Darstellung aktueller Untersuchungen zu ergänzen, um möglichst optimale Voraussetzungen für jede Behandlung zu schaffen. Zudem glaube ich, die wertvollen Beobachtungen Hahnemanns in ein aktuelles Präventionskonzept eingegliedert zu haben.

Foto: istockphoto

Buchtipp

Buchtipp Jürgen MoritzMoritz, Jürgen

Gesundheitsförderung

Prävention und Homöopathie

86 Seiten, br., 1. Auflage 2013, 16 Euro

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