Eine neue EU Bio Verordnung (VO) gilt aber  ab dem 1. Januar 2022. Der wichtigste Punkt dieser Verordnung, der den homöopathisch tätigen Tierärzt*innen den Rücken stärkt, ist folgender:

  • VO (EU) 2018/848 Anh. II, Teil II 1.5.2.2. besagt, dass Krankheiten unverzüglich zu behandeln sind, um ein Leiden der Tiere zu vermeiden (…)
  • (…) chemisch-synthetische allopathische Tierarzneimittel einschließlich Antibiotika dürfen erforderlichenfalls unter strengen Bedingungen und unter der Verantwortung eines Tierarztes verabreicht werden, wenn…die Behandlung mit phytotherapeutischen, homöopathischen und anderen Mitteln ungeeignet ist!

Dieser Absatz erhebt die Homöopathie – und die Phytotherapie – zur First-Line-Medicine. „Wir Veterinäre sehen ihn als Grundlage unserer Forderung zu mehr Ausbildung in zumindest den Grundlagen der Homöopathie im Rahmen des Studiums der Veterinärmedizin“, sagt Dr. med. vet. Birgit Hentschel

Interview mit Dr. med. vet. Brigitte Hentschel, sie ist praktische Tierärztin aus München mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie und leitet die Vetmed Arbeitsgruppe des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ).

Lassen sich die häufigsten Erkrankungen von Nutztieren homöopathisch behandeln?

Das ist eine Frage, die nicht so leicht zu beantworten ist. Viele Krankheiten, an denen Nutztiere leiden, haben ihre Ursache in der Haltung der Tiere, die – egal wie gut sie ist – niemals natürlich sein kann. Und wenn die Haltung nicht die Ursache der Krankheit ist, so wird diese häufig durch Haltungsmängel verschärft  oder verkompliziert. Neben der Haltung spielt auch das Betriebsmanagement für die Bestandsgesundheit eine sehr große Rolle. Mängel in diesem Bereich spielen als Krankheitsursache ebenfalls eine große Rolle. Deshalb muss neben der Therapie des Einzeltieres immer eine ordentliche Bestandsbetreuung durchgeführt werden. Wenn Haltung und Management stimmen, kann als Therapieoption auch Homöopathie herangezogen werden – und dann sind auch die Erkrankungen von Nutztieren homöopathisch behandelbar.

Kann durch konsequente homöopathische Therapie auch das Immunsystem einer Kuh nachhaltig verbessert werden?

Ja, aber auch hier nur unter der Voraussetzung, dass auch das Betriebsmanagement stimmt.

Wenn ja, was bedeutet das für den Landwirt?

Für den Landwirt bedeutet das zunächst mal, dass er mehr Zeit in die Tierbeobachtung investieren muss. Homöopathie ist eine Individualmedizin und die Mittel werden nach Symptomen verschrieben. Wenn man die Symptome nicht erkennt, kann man kein wirksames Mittel verschreiben – und dann wird das Mittel auch nicht wirken. Außerdem braucht man viel Erfahrung, um die wichtigen Symptome zu erkennen – ein Wochenendkurs nach dem „Rezept-Prinzip“ reicht da bei Weitem nicht aus. Damit kann man vielleicht einfache akute Fälle behandeln, bei einer subklinischen Mastitis oder der Mortellaro`schen Erkrankung wird man jedoch sehr schnell an seine Grenzen stoßen.

Mit entsprechender Erfahrung – oder mit einem entsprechend geschulten und erfahrenen homöopathisch arbeitenden Tierarzt, der den Bestand betreut – bedeutet die weitgehend homöopathische Behandlung eines Nutztierbestandes für den Landwirt weniger Medikamenteneinsatz, weniger Kosten durch Sperrfristen auf Fleisch, Milch und Eier, weniger Resistenzen und einen langfristig gesünderen Bestand.

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