Berlin, 6. November 2023. Dr. med. Ulf Riker, Internist – Naturheilverfahren und Homöopathie, schreibt Fallbeispiele aus seiner Praxis für den Bundesverband Patienten für Homöopathie (BPH). So wird die homöopathische Praxis sichtbar und Patientinnen und Patienten können sich ein Bild von der Behandlung machen. Im Homöopathie Fall 3 geht es um die Behandlung einer eitrigen Mandelentzündung und die schwierige Suche nach dem passenden homöopathischen Arzneimittel.

Eine junge Patientin – sie ist Studentin – hat sich erkältet und hat zum wiederholten Male eine eitrige Hals- und Mandelentzündung. Der Schmerz ist wund-brennend, rechts etwas stärker als links, auf den Mandeln sieht man graue Beläge, die sehr fest haften, am äußeren Hals und im Nacken sind Lymphknoten tastbar geschwollen. Sie mag nur Kaltes trinken, weil Warmes den Halsschmerz deutlich verstärkt. Der Schmerz wird auch stärker, wenn sie im Bett warm wird oder einen warmen Schal um den Hals wickeln soll, wie es ihre Mutter empfiehlt. Beim Schlucken ist der Schmerz sehr stark und strahlt ins rechte Ohr aus. Sie hat erhöhte Temperatur um 38 Grad und keinen Nachtschweiß.

Homöopathie Fall 3: Vier Arzneimittel in der engeren Wahl

Eine häufige Symptomatik also, und mit einfachem homöopathischem Grundwissen denkt man vielleicht an Mercurius. Eine homöopathische Arznei sollte aber immer widerspruchsfrei zu den Symptomen passen, damit das Ziel einer Besserung oder Heilung erreichbar ist. Zu Mercurius würde die nächtliche Symptomverschlimmerung und die Lymphknotenschwellung am Hals gut passen, ebenso die Verschlimmerung beim Schlucken, was allerdings bei einer Tonsillitis nicht ungewöhnlich und daher homöopathisch als Symptom sehr allgemein ist.

Die Frage ist daher: gibt es etwas, was gegen Mercurius spricht? Modalitäten, also Einflüsse, die spontan zu einer Besserung oder Verschlimmerung führen sind in der Lage, in besonderer Weise bei der Differenzierung von in Frage kommenden Arzneien zu helfen. Für Mercurius wäre zwar die Ursache der Krankheit, nämlich „Erkältung“ durchaus passend, aber die Schmerzverschlimmerung durch warme Getränke bzw. Besserung durch Trinken von Kaltem ist nicht typisch für die Arznei. In den Repertorien oder den Darstellungen der Arzneimittelbilder findet man unter „Halsschmerz, schlimmer durch warme und besser durch kalte Getränke“ neben Lachesis, Lycopodium und Apis auch die Kermesbeere, Phytolacca.

Homöopathie Fall 3: Nach den genaue Modalitäten suchen

Was also tun? In derartigen Fällen ist es sinnvoll, eine Arzneimittellehre zu Rate zu ziehen und die Mittel durch zu lesen, an die man denkt und zwischen denen man sich entscheiden sollte. Phytolacca hat in seinem Mittelbild zahlreiche Ähnlichkeiten zu Mercurius, nämlich: nächtliche Verschlimmerung der Halsschmerzen, Schwellung der Hals- und Nackenlymphknoten, Nachtschweiß (der für Mercurius wesentlich typischer ist als für Phytolacca, und die Patientin hatte dieses Begleitsymptom genau nicht!), Halsschmerz schlimmer durch Wärme.

Aber Phytolacca hat typischerweise „schmutzig-graue“ Beläge (oft auch gelbliche, aber eher keine weißen), und ganz typisch auch die Ausstrahlung der Halsschmerzen zum Ohr beim Schlucken. Auch dies ist im homöopathischen Sinne nicht unbedingt ein besonders wertvolles Symptom, weil es durchaus häufiger vorkommt. Das bedeutet aber eigentlich nur, dass Phytolacca eine häufig bewährte Arznei ist, wenn dieses Symptom deutlich hervortritt. Lachesis und Lycopodium hätten beide nicht typischerweise die nächtliche Verschlimmerung, scheiden also wegen dieser deutlichen Modalität eher aus.

Homöopathie Fall 3: Eine beiläufige Frage bringt Gewissheit

Entscheiden in diesem Fall aber war vor Allem die bereits genannte Modalität der Verschlimmerung bei warmen und Besserung bei kalten Getränken. Es ist also – egal bei welcher Krankheit – immer sinnvoll, möglichst genau nach Modalitäten zu fahnden, weil diese uns helfen, Arzneien in die engere Wahl einzuschließen und andere rasch auszuschließen. Um Modalitäten zu erkennen ist möglichst genau Selbstbeobachtung der konkreten Symptomatik erforderlich, und das kann man bereits in gesunden Tagen üben.

Ein weiterer Aspekt am Ende: die Patientin hatte die geschilderte Symptomatik bereits mehrfach erlebt. Im Rückblick scheint es also so zu sein, dass sie immer wieder im gleichen Arzneimittelbild krank geworden ist. Daraus ergibt sich die Frage, ob das etwas mit ihrer Konstitution zu tun haben könnte. Denkt man diesen Aspekt zu Ende, dann könnte es sein, dass Phytolacca – vielleicht – sogar ihr sogenanntes Konstitutionsmittel wäre. Weil es sich aber um eine gesunde junge Frau gehandelt hat, die sonst nie krank war, ergab eine vertiefte Anamnese zunächst kein weiteres Symptom-Material. Doch von Phytolacca ist bekannt, dass diese Menschen nicht selten dazu neigen, die Zähne fest zusammen zu beißen bzw. die Kiefer im Alltag aufeinander zu pressen. Also habe ich sie eher beiläufig gefragt, ob sie das von sich kenne, und sie war von dieser Frage ziemlich überrascht, weil sie das – „ja klar!“ – oft bei sich beobachte.

Informationen zur Homöopathie

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