Homöopathische oder anthroposophische Arzneimittel werden zum allergrößten Teil aus pflanzlichen Stoffen hergestellt. Doch wo kommen diese her? Einige Arzneimittelhersteller betreiben Heilpflanzengärten und können so nicht nur die Qualität des Ausgangsstoffs hochhalten, sondern leisten vor allem bei bedrohten Pflanzen einen Beitrag zum Artenschutz. In der Serie über Heilpflanzengärten stellen wir hier den Heilpflanzengarten von Weleda in Schwäbisch Gmünd-Wetzgau vor.

Im Juni beginnt das große Blühen im Heilpflanzengarten: die Zeit der Calendula, die mit ihren orange leuchtenden Blüten hunderttausende Punkte in die Landschaft setzt. Sie nimmt den größten Raum im Heilpflanzengarten ein. Michael Straub, Leiter des Heilpflanzengartens, betreut die Heilpflanze ganz persönlich. Am Erntetag steht er vor dem Morgengrauen auf und begutachtet nach Sonnenaufgang den Zustand der Blüten, die ihm über die Felder in kräftigem Orange entgegenleuchten. „Morgens atmet die Erde aus, am Abend atmet sie wieder ein. Daher ernten wir am Morgen – dann, wenn der Saftstrom in die Pflanze aufsteigt. Die geernteten Blüten tragen gerade zu diesem Zeitpunkt ein Höchstmaß an vitalen, wertvollen Substanzen, die der Haut besonders während intensiver Entwicklungs- und Wachstumsphasen zugutekommen“, erklärt er. Auf einer Fläche von einem Hektar werden rund drei Tonnen Blüten von Hand gepflückt und über 14 Tonnen Frischpflanzen geerntet, bevor sie vor Ort in der Tinkturenherstellung direkt nach der Ernte weiter verarbeitet werden. Die Tinkturenherstellung befindet sich neben dem Heilpflanzengarten, so dass die geernteten Pflanzen frisch weiterverarbeitet werden können. Weleda orientiert sich bei der Tinkturenherstellung an den Vorgaben von Rudolf Steiner und dem Homöopathischen Arzneibuch.

Der Heilpflanzengarten als Herz von Weleda

Auf 23 Hektar werden 260 verschiedene Pflanzenarten kultiviert, von denen 160 sozusagen direkt vom Feld in die Tube kommen. Die restlichen dienen der Verschönerung des Geländes. Zur Erhaltung des natürlichen Gleichgewichts wachsen insgesamt über 1000 Arten, sie sind Unterschlupf und Nahrung für Nützlinge oder sorgen für ein Umfeld, in dem Heilpflanzen gut gedeihen. Seit 1959 befindet sich der Garten im Norden hoch über Schwäbisch Gmünd und soll weiter ausgebaut werden. „Die Heilpflanzen werden mit speziellem Kompost, der mit Präparaten aus Schafgarbe, Kamille, Löwenzahn, Hornmist oder Hornkiesel behandelt wurde, gedüngt“, führt der Diplom-Agraringenieur Michael Straub aus. Selbst unter Naturschutz stehende Pflanzen wie etwa Hirschzungenfarn oder Gelber Enzian gedeihen im Heilpflanzengarten. Jedes Jahr werden intensive Forschungsarbeiten durchgeführt, um mindestens eine neue Pflanze aus ihrem Wildstandort in Kultur zu nehmen. „Damit werden die Wildbestände der jeweiligen Pflanze geschont und unser Bedarf gesichert“, erklärt Straub.

Foto: Weleda