Berlin, 6. September 2022. Die Entscheidung der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg (BaWü) die Zusatzbezeichnung Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung zu streichen, hat eine bundesweite Diskussion ausgelöst. In anderen Ärztekammern ist die Weiterbildung eher lautlos gestrichen worden, in Baden-Württemberg jedoch hat sich Gesundheitsminister Manne Lucha (Bündnis90/Die Grünen) pro Homöopathie ausgesprochen. Lucha muss die Entscheidung der Ärztekammer genehmigen und hat angekündigt, genau zu prüfen, ob das Procedere formal korrekt durchgeführt wurde. Mit diesem Statement war die Debatte eröffnet – vor allem innerhalb der Grünen. Die Grüne Landeschefin von BaWü, Lena C. Schwelling, hat Stellung bezogen und sich ebenfalls für Homöopathie ausgesprochen. Die heftigen Angriffe gegen ihre Position und Person auf Twitter antwortete sie souverän mit Fakten aus der Wissenschaft.

Ein von der EU vorgeschriebenes öffentliches Beteiligungsverfahren endete am 5. September. Per Mail an die Ärztekammer konnten Institutionen und Bürger:innen Stellung zu der Kammer-Entscheidung beziehen. Entscheidend ist, ob das Streichen der Weiterbildung Homöopathie verhältnismäßig in Bezug auf die Ziele der Kammer steht. Und damit stellt sich die Frage, ob dieses Ziel überhaupt legitim und die Maßnahme erforderlich, geeignet und angemessen ist, um es zu erreichen. Das bürgerliche Engagement umzusetzen war jedoch nicht ganz leicht. Die Kammer hatte auf ihrer Webseite sehr versteckt eine Mail-Adresse eingerichtet, eine Seite mit Informationen zum Beteiligungsverfahren war tagelang nicht aufrufbar. Nichts destotrotz, der Bundesverband Patienten für Homöopathie (BPH) hat es geschafft, seine Begründung für einen Erhalt der Weiterbildung Homöopathie bei der Ärztekammer zu platzieren.

„Wir brauchen nicht weniger sondern mehr homöopathische Ärzte, die diesen erfolgreichen Weg weitergehen.“ Götz Hachtmann, Vorstand der Securvita Krankenkasse. Mehr Informationen zu diesem Zitat siehe hier.

▶️ Aus Patientensicht bietet die ärztliche Zusatzbezeichnung Homöopathie eine wichtige Orientierung im unübersichtlichen Gesundheitsmarkt. Homöopathie wird von verschiedenen Berufsgruppen angewendet, im Grunde kann in jeder Praxis Homöopathie angewendet werden, mit oder ohne Ausbildung. Hier sehen wir die Patientensicherheit durch nicht qualifizierte Anbieter gefährdet.

Die Zusatzbezeichnung Homöopathie steht für Patientensicherheit.

▶️ Die Inanspruchnahme ist hoch. In regelmäßig stattfindenden repräsentativen Umfragen sehen wir, dass ein Großteil der Bevölkerung Homöopathie nutzt. Die Nachfrage von Patient:innen wird weiterhin wachsen, die Anbieterseite wird diese Nachfrage nicht qualifiziert bedienen können.

Die Inanspruchnahme der Homöopathie durch Patient:innen ist hoch.

▶️ Warum Patient:innen homöopathisch tätige Ärzt:innen gezielt aufsuchen hat der Bertelsmann Gesundheitsmonotor 2014 herausgefunden: Häufigster Anlass für Besuche bei Homöopathen sind allgemeine Beschwerden (48 Prozent), chronische und akute Erkrankungen (43 bzw. 32 Prozent). Die Patient:innen gehen dorthin, weil anderswo keine Besserung erreicht wurde…

Patient:innen suchen gezielt homöopathisch tätige Ärzt:innen auf, weil anderswo keine Besserung erzielt wurde. 

▶️ Das Streichen der Zusatzbezeichnung Homöopathie wird auch mit der fehlenden Wissenschaftlichkeit begründet. Die Fakten sehen anders aus: Die Studienlage in der Homöopathie hat sich in den letzten Jahren positiv verändert, anbei eine kurze Übersicht:

  • Grundlagenforschung: PD Dr. Stephan Baumgartner: „In ausgedehnten verblindeten und randomisierten Experimentreihen ergibt sich wiederholt deutliche empirische Evidenz für spezifische Wirkungen von auch hochverdünnten homöopathischen Potenzen.“ Zur Publikation.
  • Versorgungsforschung
    • EPI 3 Kohortenstudie: ein Ergebnis ist z.B., dass der Verbrauch an Antibiotika, NSAID und Psychopharmaka lässt sich durch die Anwendung der Homöopathie in signifikanten Größenordnungen reduzieren.
    • Die Securvita Krankenkasse hat die Daten von 15.700 Versicherten, die mindestens drei Jahre lang regelmäßig bei homöopathischen Kassenärzten in Behandlung waren, auswerten lassen. Die Homöopathie Patienten waren klar im Vorteil, hier nur zwei Beispiele: Weniger Antibiotika bei Kindern, weniger Krankenhaustage und AU-Tage bei Erwachsenen.
  • Klinische Forschung
    • In der neuen S3 Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen wird der Homöopathie von der AWMF, der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, ein Evidenz-Level 2b bescheinigt.
  • Homöopathie ist Evidenzbasierte Medizin (EbM) nach der Definition von David Sackett, zitiert von Cochrane Deutschland: EbM stützt sich auf drei Säulen: „die individuelle klinische Erfahrung, die Werte und Wünsche des Patienten und den aktuellen Stand der klinischen Forschung.“

Homöopathie ist wissenschaftsbasierte Medizin

▶️ Die Kosten der GKV durch Homöopathie bewegen sich im Vergleich zu den Gesamtausgaben im Promillebereich. Durch Homöopathie lassen sich hingegen Kosten einsparen, siehe Versorgungsforschung. Kosten für die GKV kommen hinzu, wenn sich zukünftig Patient:innen anstatt homöopathisch rein konventionell medizinisch behandeln lassen.

Die Kosten der Homöopathie liegen im Promillebereich.

Meinolf Stromberg, BPH-Vorsitzender: Aus Sicht des Bundesverbandes Patienten für Homöopathie steht das Streichen der ärztlichen Weiterbildung in keinem Verhältnis zu dem Schaden, der durch diese Maßnahme verursacht wird.