Homöopathie wirkt nicht nur bei chronischen und akuten Erkrankungen. Sie kann auch erfolgreich bei Notfällen eingesetzt werden – einerseits ergänzend zur konventionellen Behandlung, andererseits auch als Monotherapie in Einzelfällen. Dr. Roman Hör beschreibt den vielseitigen Einsatz der Homöopathie bei Notfällen, die innerhalb von Minuten beim Patienten Wirkung zeigt.

Mit Notfallmedizinern verbindet man üblicherweise ein mechanistisches Weltbild:

Sie analysieren den Menschen nach physikalischen und chemischen Grundlagen und leiten daraus ihr Handeln ab. Die steigende Anwendung von Homöopathie in der Notfallmedizin durch Ärzte zeigt, dass sie Hand in Hand mit der konventionellen Medizin zum Wohle der Patienten eingesetzt werden kann. „Dass dies vor allem in der Notfallmedizin gelingt, war für mich unglaublich überraschend und völlig unerwartet“, erklärt dazu Professor Peter Lechleitner, Vorstand der Internen Abteilung und ärztlicher Direktor am Bezirkskrankenhaus Lienz, Österreich. „Gut aufbereitete Fallberichte und kontrollierte klinische Studien beschreiben überraschende Möglichkeiten der Homöopathie“, so Lechleitner. Ideologische Gräben spielen in der ärztlichen Praxis eine untergeordnete Rolle. Und zum Thema Homöopathie und Wissenschaft sagt Lechleitner: „Die lange Geschichte des wissenschaftlichen Dogmatismus zeigt, dass die Häresie von heute eine Wahrheit von morgen sein kann.“

Notfallmedizin und Homöopathie – wie passt das zusammen?

Zunächst muss zwischen Notarzteinsätzen, den sogenannten Blaulichteinsätzen, und Notfällen unterscheiden werden. Bei Blaulichteinsätzen geht es häufig um Leben und Tod. Notfälle bedeuten dagegen, dass Patienten in einer relativ kurzen Zeit eine medizinische Versorgung benötigen. Diese Notfallversorgung, die in der Regel in der Arztpraxis abläuft, könne die Homöopathie sehr gut leisten, erklärt dazu Dr. Roman Hör, Homöopath und Leitender Notarzt im Landkreis Cham in Ostbayern. „Während die Homöopathie bei Blaulichteinsätzen keinen Platz haben kann“, so Hör. Ein Vorteil der Homöopathie bei der Notfallversorgung in der Praxis ist die Schnelligkeit, mit der Homöopathika wirken, ohne dabei unerwünschte Wirkungen auszulösen. „Die Arzneien wirken deshalb so schnell bei Notfällen, weil das ganze System des Patienten in dieser Situation sehr stimuliert ist“, erklärt Hör, „wenn also ein Impuls einer homöopathischen Arznei kommt, ist der Körper in der Lage, diesen auch sehr schnell umzusetzen.“ Innerhalb von Minuten können so beispielsweise Asthma- oder Schmerzanfälle erfolgreich behandelt werden.

Anspruchsvolle Entscheidungen

Die Behandlung eines Notfalls mithilfe der Homöopathie gehört in die Hand eines homöopathischen Arztes. Denn es gibt drei anspruchsvolle Entscheidungen zu treffen: Erstens muss der Arzt abklären, ob der jeweilige Notfall überhaupt homöopathisch behandelt werden kann, und zweitens muss der Arzt abwägen, ob er die Homöopathie in Kombination mit konventionellen Medikamenten einsetzt oder als Monotherapie. Die dritte Entscheidung ist die Wahl der passenden homöopathischen Arznei, die aufgrund der fehlenden Zeit für eine ausführliche Anamnese in die Hand eines erfahrenen Homöopathen gehört. Eine Hilfe für den Arzt sind dabei die sogenannten „bewährten Indikationen“ in der Homöopathie. Die Arzneiwahl wird bei diesem Vorgehen verkürzt, da man sich bei vielen Mitteln auf die Erfahrung von über 200 Jahren Homöopathie bei bestimmten Krankheitsbildern stützen kann. So kommt für bestimmte Schmerzsyndrome, beispielsweise eine Gallenkolik, nur eine begrenzte Anzahl homöopathischer Mittel infrage, wenn die individuelle Symptomatik auf diese Mittel hindeutet. Der Kreis der relevanten Arzneien ist damit eng gesetzt. Doch eine bewährte Indikation wird ebenfalls nach individuellen Gesichtspunkten verordnet. „Wenn eine Symptomatik also ausschert und nicht von diesen bewährten Mitteln abgedeckt wird“, erklärt Hör, „ist es sehr schwer, das passende Mittel zeitnah zu finden.“ Denn nur die Arznei, die dem Gesamtbild der Symptome am ähnlichsten ist, wird dem Patienten im Notfall helfen. Eine gute Beobachtungsgabe, Erfahrungen mit der Homöopathie und medizinischer Sachverstand sind die Voraussetzungen dafür.

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