Dr. Joachim Mayer-Brix ist zweifacher Facharzt für HNO-Heilkunde sowie für Stimm-, Sprach- und Hörstörungen in Erlangen. Seit 20 Jahren ist er in eigener Praxis niedergelassen. Er strebt dabei die optimale Verbindung von konventioneller Medizin und Homöopathie an.

Herr Dr. Mayer-Brix, was sind die häufigsten Beschwerden, mit denen Patienten Ihre Praxis aufsuchen?

Dr. Mayer-Brix: Akut sehe ich meistens Patienten mit Ohren– und Halsschmerzen, Husten, Fieber sowie auch Menschen mit Schwindel, Hörstürzen und Ohrgeräuschen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Erkrankungen bei Kindern. Hier handelt es meist um wiederkehrende Infekte, vergrößerte Rachenmandeln (sogenannte „Polypen“) sowie Sprach- und Hörstörungen.

Bei welchen akuten Erkrankungen kann die Homöopathie in der HNO-Heilkunde alternativ oder komplementär zur konventionellen Medizin gut eingesetzt werden?

Dr. Mayer-Brix: Etwa 60 Prozent der akuten Anliegen in der HNO-Praxis sind einfache virale Infekte wie Schnupfen, Husten, Fieber und Ohr- oder Halsschmerzen. In diesen Fällen stellt die homöopathische Behandlung eine wirksame Alternative dar. Zu rund 40 Prozent handelt es sich um bakterielle Erkrankungen oder schwerwiegende Krankheiten wie Hörstürze oder Ähnliches.

Hier muss ich immer abwägen, welches die optimale Behandlung für den Patienten ist und dies mit ihm besprechen. Glücklicherweise kann ich als HNO-Arzt den Befund dank moderner Endoskope meist direkt sehen und daher die Erkrankung auch gut einschätzen.

In schwerwiegenden akuten Fällen, wie beispielsweise einer Virus-Otitis, bei Hörstürzen, Abszessen im Hals oder nach Operationen, kann die Homöopathie ergänzend dazu beitragen, dass sich Patienten schneller erholen und weniger Komplikationen im Heilungsprozess erleiden.

Ist es auch möglich, chronisch erkrankte Patienten mithilfe der Homöopathie wirksam zu behandeln?

Dr. Mayer-Brix: Ja natürlich, das ist sogar die wichtigere Behandlung.  Hier kann die Homöopathie sich als sehr segensreich erweisen und die konventionelle Medizin am besten ergänzen. In meiner Praxis sind es neben der Behandlung von Kindern mit Polypen und Paukenergüssen, dauernden Infekten oder Allergien vor allem Menschen mit chronischen Beschwerden, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Dies sind beispielsweise Patienten mit chronischen Nebenhöhlenbeschwerden, allgemeiner Infektanfälligkeit, Migräne, Schwindel oder Folgen von nicht gut ausgeheilten Infektionen – wie einem Pfeifferischen Drüsenfieber.

Chronische Erkrankungen in der HNO-Heilkunde: „Hier kann die Homöopathie sich als sehr segensreich erweisen und die konventionelle Medizin am besten ergänzen.“

Und in welchen Fällen ist eine homöopathische Behandlung im Rahmen der HNO-Heilkunde nicht möglich?

Dr. Mayer-Brix: Oh, das ist keine einfache Frage:  Homöopathie ist ja eine Reiz-Regulationstherapie, die den  Körper dazu angeregt, selber den Heilvorgang einzuleiten. Praktisch bedeutet das: Homöopathie findet da ihre Grenzen, wo eine  Behandlung im Krankenhaus erforderlich wird oder eine Operation sinnvoll ist. Müssen Patienten viele Medikamente einnehmen, ist eine Behandlung nur dann möglich, wenn noch genügend Hinweise für das Verschreiben eines homöopathischen Mittels gefunden werden können.

Gibt es Präventionen, mit denen ich Entzündungen der oberen Atemwege vorbeugen kann?

Dr. Mayer-Brix: Selbstverständlich gibt es hier viele Möglichkeiten: Infekte entstehen ja nicht einfach ohne Ursache oder durch „böse“ Viren oder Bakterien. Vielmehr kennt das jeder aus eigener Anschauung: Es sind Situationen mit erhöhter innerer Anspannung oder Erschöpfung nach Belastungen, in denen man krank wird. Hier ist es Aufgabe des Behandlers, körperliche Ursachen auszuschließen und Lösungen zu finden, mit denen ein gesundheitliches Gleichgewicht wieder erreicht werden kann.

Durch Bewegung an frischer Luft,  gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf kann jeder viel zu einer guten Abwehr gegen Infekte beitragen. Auch Nasenspülungen, Inhalationen und Wechselduschen können hilfreich sein. Überhitzte Räume, Rauchen, Alkohol und Kaffee, sowie anhaltende Hektik und Stress wirken sich häufig ungünstig aus.

Antibiotikaresistenzen: „Nach der Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern habe ich 50 bis 60 Prozent weniger Arzneikosten als meine Kollegen.“

HNO-Ärzte gehören zu den Top drei, wenn es um die Häufigkeit von Antibiotika-Verordnungen nach Facharztgruppen geht (GKV-Arzneimittelindex). Inwieweit lassen sich Antibiotika-Verordnungen mithilfe der Homöopathie einsparen?

Dr. Mayer-Brix: Ich meine in sehr hohem Maße, kann da konkret aber nur über meine Praxis sprechen:  Nach der Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern habe ich 50 bis 60 Prozent weniger Arzneikosten als meine Kollegen. Da hiervon die höchsten Kosten auf Antibiotika entfallen, bedeutet dies auch erhebliche Einsparungen an Antibiotika.

Antibiotikaresistente Keime sind national wie international ein großes Thema in der Medizin und der Gesellschaft. Sind Sie der Auffassung, dass die ärztliche Homöopathie in diesem Kontext einen relevanten Beitrag leisten kann?

Dr. Mayer-Brix: Wie man aus obigen Zahlen ersieht, kann die Homöopathie hier sogar einen sehr großen Beitrag  leisten. Dies bestätigen auch Daten aus der Versorgungsforschung.  Man kann aber keinesfalls einfach pauschal Antibiotika durch Homöopathie ersetzen. Homöopathie wird in Deutschland von Ärzten, Heilpraktikern und Hebammen eigenständig ausgeübt. Um in der Anwendung erfolgreich zu sein, muss der Behandler sowohl eine sehr gute medizinische, als auch eine sehr gute homöopathische Ausbildung haben und vor allem ein guter Diagnostiker sein.  Auf keinen Fall darf eine medizinisch notwendige Behandlung unterlassen werden.  Dies stellt in der Praxis zum Glück aber selten ein Problem dar.

„Die besten Seiten der konventionellen Therapie und der Homöopathie zum Wohl der Patienten nutzen zu können, ist für mich sehr beglückend.“

Für die HNO-Heilkunde liegen in der Homöopathie-Forschung Studien vor, die ihre Wirksamkeit eindeutig belegen. Doch es gibt auch Bereiche in der Medizin, in denen ihre Wirksamkeit wissenschaftlich umstritten ist. Welche Rolle spielt der Disput in der Homöopathie-Forschung für Ihre medizinische Praxis?

Dr. Mayer-Brix: In meiner Praxis spielt diese Diskussion überhaupt keine Rolle. Wer nach langer Suche noch  Hilfe erfährt, der lässt sich von theoretischen Argumenten nicht beeindrucken. Und vor allem möchte ich betonen: Bei akuten Krankheiten finde ich auch mit viel Erfahrung nicht immer sofort das richtige homöopathische Mittel. Diese Rückmeldung erhält man ziemlich schnell vom Patienten. Hier würde ich mir wünschen, dass der Placeboeffekt, den man der Homöopathie gerne nachsagt, den es aber bei jeder Art von Behandlung gibt, noch deutlich ausgeprägter wäre (lacht).

Was waren Gründe für Ihre Entscheidung als Facharzt, eine Zusatzausbildung in ärztlicher Homöopathie zu machen?  

Dr. Mayer-Brix: Wie viele Patienten kam ich auch über eigene praktische Erfahrung zur Homöopathie. In der Praxis gab es viele Situationen, in denen ich mit konventioneller Therapie nicht helfen konnte. Hier suchte ich nach weiteren Möglichkeiten. Ich merkte dann aber sehr schnell, dass eine „Rezepthomöopathie“ nur begrenzt hilft und eine gute Ausbildung notwendig ist.

Worauf achten Sie persönlich, um sich gesund zu halten?  

Dr. Mayer-Brix: Meine Frau versucht möglichst zu erreichen, dass ich das, was ich den Patienten empfehle, selbst auch einhalte (lacht). Aber im Ernst, um es mit den Worten eines geschätzten homöopathischen Kollegen Herrn Tjado Galic zu sagen: „Den Lebenssinn zu pflegen und sich beständig geistigen Herausforderungen zu stellen, halte ich neben gesunder Ernährung , ausreichend Schlaf und Bewegung an frischer Luft für die wesentlichen Aspekte“.

Die besten Seiten der konventionellen Therapie und der Homöopathie zum Wohl der Patienten nutzen zu können, ist für mich sehr beglückend.